Σάββατο 8 Ιανουαρίου 2022
















Die Erinnerung der Überlebenden“, verfasst von Papasymeon Giannis Philologos.
             Zusammenfassende Darstellung: Pater Michail Theocharidis, Gemeindepfarrer der                                  Heiligen  Kirche Aghion Anagyron, Kerdyllia, Serres.

Deutsche Übersetzung: Chryssoula Kambas (Professor Dr. Chryssoula Kambas
Universität Osnabrück Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft Institut für Germanistik
Forschungsstelle Literarischer Transfer )

Das Massaker von Ano und Kato Kerdyllia am 17. Oktober 1941 durch Einheiten der deutschen Wehrmacht und die Niederbrennung beider Dörfer 
Auf der südlichen Seite des Kerdyllion-Gebirges befanden sich die Dörfer Ano und Kato Kerdyllia, Ober- und Nieder-Kerdyllia, in nur geringer Entfernung vom Golf des Strymon  (auch: Golf von Orfani), jedoch in beachtlicher Höhe darüber gelegen. Von seiner natürlichen geographischen Lage her überblickt der Ort Kerdyllia die Umgebung rundum, und von daher hat er seine herausragende strategische Bedeutung. Sie war gewiss der Grund, weswegen die eingefallenen deutschen Eroberer bereits in den ersten Tagen der Wehrmacht auf griechischem Boden auf ihn ihre Aufmerksamkeit richteten. Die Einwohner der beiden Dörfer hatten ansonsten zuvor das Schicksal der übrigen Griechen während des Krieges 1940-41 geteilt.  

Beide Dörfer bekamen die deutsche Besatzung sofort nachhaltig zu spüren, denn die Eroberer hatten aus strategischen Gründen an die 250 Soldaten in der Umgebung stationiert, konzentriert vor allem an der Strymon-Brücke sowie im angrenzenden Küstenbereich von Tságiazi. Schon von August, und dann vor allem ab September 1941 demonstrierten die deutschen Soldaten fortwährende Patrouillen-Präsenz. Vermutlich waren sie darüber informiert, dass im Kerdyllion-Gebirge erste Gruppierungen bereits Widerstands-Aktivitäten aufgenommen hatten.

Vom 8. auf den 9. Oktober 1941, in den frühen Morgenstunden eines Donnerstags, kam es zu folgendem Geschehen: es gab einen Raubüberfall im Kloster des Heiligen Dimitrios, eineinhalb Kilometer außerhalb des Dorfes südlich. Ein gewisser Dimítrios Kikíras versuchte das Kloster auszurauben. Im Kloster lebten ein Mönch und ein angestellter Hirte. Kikíras tötete den Hirten und forderte vom Mönch, mit gezogener Waffe, einen Geldbetrag. Der Mönch warf dem Kikíras sein Portemonnaie vor die Füße, und als dieser sich, um es aufzuheben, bückte, schlug er ihm mit einer Axt gegen den Kopf. Kikíras war bewusstlos, und der Mönch ließ ihn liegen, um unverzüglich den Vorgang der Polizei von Tságiazi zu melden. Die Polizei benachrichtigte sofort, noch in seinem Beisein, die deutschen Küstenpatrouillen. Sie trafen augenblicklich im Kloster ein, Kikíras aber war nicht mehr da. Sie folgten den Blutspuren und befragten die Einwohner in der Nähe, und am folgenden Tag kamen sie in das Haus eines Arztes, zu dem sich Kikíras mit der Bitte um Hilfe geflüchtet hatte.

Die Deutschen nahmen den Kikíras fest und führten ihn zum Verhör nach Tságiazi. Von dort  verbrachten sie ihn ins Gefängnis Gedi-Koulé in Thessaloniki, wo er später auch starb. Allem Anschein nach hatte der Verhaftete Beschuldigungen sowohl gegen den Arzt als auch gegen die Einwohner von Ano und Kato Kerdyllia erhoben, denn am selben Tag noch machten sich die Deutschen in beide Dörfer auf, ihrerseits nun zu Verbrechen und Zerstörung bereit. Mit Hilfe eines Dolmetschers befahlen sie den Kerdyllioten zusammenzukommen. Drohend wurde der Befehl vorgebracht, die Häuser derer einzuäschern, die sich nicht in den Dörfern befinden. Man würde sich nicht mehr nur mit Festnahmen begnügen, sondern die Häuser der Familien würden innerhalb von fünf Tagen niedergebrannt, sofern auch nur einer ihrer Angehörigen bis dahin in den Bergen ausbleiben sollte. Nach diesen Vorgängen konnten die Einwohner ihre Unruhe nicht mehr unterdrücken. Etwas ging nicht mehr seinen gut Weg in den beiden Dörfern, etwas Schreckliches für Kerdyllia näherte sich. All dessen ungeachtet verriet kein Einwohner irgendeinen der Mitbürger in den Bergen. Die stete Antwort auf die Frage der Deutschen nach Fehlenden lautete, diese würden Holz zur Kohleerzeugung sammeln. Es fanden Beratungen unter den Bewohnern beider Dörfer statt, damit man eine Lösung in der offenkundigen Gefahr finde. Man beschloss, eine Kommission zu bilden und sie zur deutschen Verwaltung nach Thessaloniki zu senden, mit der Bitte an die Besatzungsmacht, die Unversehrtheit beider Dörfer zu wahren. Man bildete die Kommission, und diese machte sich nach Thessaloniki auf - ohne jedoch ihr Vorhaben noch ausrichten zu können. Am Abend desselben Tages kehrten ihre Männer nach Stavrós zurück, wo sie übernachten und vom Massaker-Geschehen erfuhren.

Am nächsten Tag machten sie sich auf den Heimweg in ihre Dörfer, wo es jedoch nur noch Leichen und Ruinen gab. Übereinstimmend mit anderen schriftlichen Aufzeichnungen beschreibt uns der Arzt Phylaktos, der in jenen Tagen mit den Kerdyllioten in Stavrós gefangen genommen war, das folgende: „Am Freitag früh, den 17. Oktober 1941, noch vor der Dämmerung, bei Nieselregen und herbstlichem Nebel, gehen zwei deutsche Kompanien, zusammen mit den in Stavrós gefangen genommenen Kerdyllioten, in kompletter Waffenausrüstung von den Standorten Stóvolo und Leivádia aus hinauf und umzingeln die Dörfer Ano und Kato Kerdyllia. Die Stunde des Martyriums, die Stunde der Ruinen und die des Massenmordes bereitet sich vor. Um 8.30 Uhr morgens stoßen die Deutschen mit brutaler Gewalt alle Einwohner in einen Kreis zusammen, Frauen und Männer, an der Stelle Alónia und Koútres. Die Ansammlung diesmal gleicht nicht den voraufgegangenen. Jede Bewegung der Deutschen zeugt von einem Drang zum Verbrechen. Flüche, Tritte, Stösse selbst noch gegen Kranke und gegen auf Hilfe angewiesene Greise sind ihre einzigen Mittel der Verständigung. Die Zusammengetriebenen warten stumm und verschüchtert. Was denn? Was sollen sie erwarten, wenn sich bewaffnete Soldaten vor ihnen aufgestellt haben, die Maschinengewehre von vier Seiten auf sie gerichtet? Sollen sie vor den Maschinengewehren aufrecht, standhaft dem Feinde gegenüberstehen, damit sie so Frauen und Kinder schützen? Was denn kann der Mensch in jenen Momenten denken? – Eine rote Lichtkugel zerreißt den tränenerfüllten Himmel und es beginnt der Anfang des Endes. Die Maschinengewehre mähen ohne Unterbrechen die zusammengetriebenen Einwohner nieder. Die Natur ist aufgewühlt. Die Vögel, die weiteren Tiere stieben erschreckt nach allen Seiten. Kinder bis zu 15 Jahren, Frauen und Hilfebedürftige versuchen eine letzte Umarmung. Das Blut, die Erde, die Gesichter – sie wurden eins. Das Wiedererkennen fällt schwer. Ein jeder sucht nach den Seinen. Totenlieder, von den Frauen und den Kindern gesungen, durchschneiden die tödliche Stille. Und mitten in der traumatischen Aufwühlung entsteht gewissenhafte Sorge für das Begräbnis der Toten.“


Der Weg der Flucht für die verwaisten Familien ist nun ganz geöffnet. Sie verteilen sich in die rundum gelegenen Dörfer, und jeden Tag gehen sie hinauf auf den Golgatha des Martyriums zum allerletzten ‚Begräbnis’ der Ihren.
    Heute gibt es im früheren Ano und Kato Kerdyllia keine Häuser, auch keine Trümmer mehr, nur Zeichen bzw. als Mahnmale dienende Ruinenwände. Jedes Jahr am 17. Oktober findet ein Gottesdienst des Totengedenkens  an den Erschießungsstätten statt als Handlung des Gedenkens gegen das Vergessen der Zeit.

„Die Erinnerung der Überlebenden“, verfasst von Papasymeon Giannis Philologos.
Zusammenfassende Darstellung: Pater Michail Theocharidis, Gemeindepfarrer der Heiligen Kirche Aghion Anagyron, Kerdyllia, Serres.
Deutsche Übersetzung: Chryssoula Kambas.


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Vielen Dank, der MAIN : 

 Professor Dr. Chryssoula Kambas
Universität Osnabrück
Fachbereich Sprach- und Literaturwissenschaft
Institut für Germanistik
Forschungsstelle Literarischer Transfer

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Nea Kerdyllia
Region Zentralmakedonien / Regionalbezirk Serres
Gedenkstätte Ano Kerdyllia
Der Ort Nea Kerdyllia (auch: Kerdilia, Kerdylia und Kerdylion, in deutschen Wehrmachtsakten Kerzilion) ist ein zur Gemeinde Amfipolis gehörender kleiner Ort nahe der Mündung des Flusses Struma in den Strymonischen Golf. Nach der Zerstörung von Ano und Kato Kerdyllia im Jahr 1941 wurden diese Dörfer nicht wieder aufgebaut, anstelle ihrer 1955 Nea Kerdyllia gegründet. Nea Kerdyllia gehört seit dem Jahr 1998 zu den Märtyrerorten Griechenlands (gem. Präsidialdekret 399/1998).
Nea Kerdyllia liegt an der auch „Egnatia Odos“ genannten, Adria und Bosporus verbindenden Autobahn A2 zwischen Thessaloniki (90 km) und Kavala (60 km), Ausfahrt „Nea Kerdyllia".
Das Ereignis
Nachdem es im Vormonat zu Widerstandsaktivitäten in der Umgebung gekommen war, überfielen Einheiten der 164. Infanteriedivision (Nessou, S. 224) im Rahmen einer großangelegten „Vergeltungsaktion“ - vorgeblich auf der Suche nach Partisanen und Waffen - am frühen Morgen des 17. Oktober 1941 die hochgelegenen Dörfer Ano und Kato Kerdyllia. 
Alle aufgegriffenen über 200 männlichen Einwohner zwischen 16 und 60 Jahren wurden zusammengetrieben und hingerichtet, anschließend die Dörfer niedergebrannt. 
In der Tagesmeldung von Generalfeldmarschall Wilhelm List an das OKW vom 18. Oktober 1941 hieß es dazu:
„Dörfer Ano-Kerzilion und Kato-Kerzilion an Strimon-Mündung niedergebrannt, weil als Rückhalt der Nigrita-Bande erwiesen. Alle männlichen Einwohner (202) erschossen" (Bundesarchiv, S. 176). 
Partisanen oder Waffen wurden allerdings nicht gefunden.
Gedenken
Nea Kerdyllia
Vor der Kirche in Nea Kerdyllia informieren Hinweisschilder über die außerhalb des Ortes gelegenen Gedenkstätten. An einem Nebengebäude der Kirche ist eine Tafel mit den Namen der Opfer des Massakers vom 17. Oktober 1941 angebracht.
Ano Kerdyllia
Zur großen, oberhalb von Nea Kerdyllia gelegenen Gedenkstätte für alle Opfer des Massakers gelangt man, wenn man an der Autobahnausfahrt der Straße den Hügel hinauf für etwa 4 km folgt. 
Folgt man dieser Straße weiter, wird eine weitere Gedenkstätte an der Grabstelle erreicht.
Kato Kerdyllia
Folgt man am Kreisel hinter der Gedenkstätte von Ano Kerdyllia der rechts abknickenden Straße, wird die Gedenkstätte von Kato Kerdyllia erreicht.
Opfertafel an der Kirche in Nea Kerdyllia
Film: Schuld & Schulden - Deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland 
Im Film „Schuld & Schulden - Deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland" von Martin Herzog (WDR 2016) kommt auch Panagiotis Tsangas (ab Min. 17) zu Wort, der als 14-Jähriger das Wehrmachts-Massaker in seinem Heimatdorf Kerdyllia überlebte.
Literatur / Medien:
Bundesarchiv (Hg.): Europa unterm Hakenkreuz - Die Okkupationspolitik des deutschen Faschismus in Jugoslawien, Griechenland, Albanien, Italien und Ungarn (1941 - 1945), Dokumentenauswahl und Einleitung von Martin Seckendorf unter Mitarbeit von Günter Keber, Jutta Komorowski, Horst Muder, Herbert Stöcking und Karl Übel, Berlin 1992; Nessou, Anestis: Griechenland 1941-1944, Deutsche Besatzungspolitik und Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung - eine Beurteilung nach dem Völkerrecht, Göttingen 2009; Schuld & Schulden - Deutsche Kriegsverbrechen in Griechenland  

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 Am 17. Oktober 2016 nahm der neue Generalkonsul, Walter Stechel, an der Gedenkfeier 75 Jahre nach der Massenvernichtung von Ano und Kato Kerdyllia teil, wo am 17.10.1941 über 200 Menschen  (fast die gesamte männliche Bevölkerung) von den deutschen Besatzungstruppen getötet und die beiden Dörfer zerstört wurden. An der Gedenkfeier in Nea Kerdyllia nahmen Politiker und andere Persönlichkeiten aus der Region Zentralmakedonien teil und legten am Mahnmal Kränze nieder, unter ihnen auch der Generalkonsul Walter Stechel.
Nea Kerdyllia gehört zur Stadt Amfipolis (Raum Serres), eine Gegend, die von besonderem archäologischen Interesse ist.



Theoharidis Mihalis 

Néa Kerdhília





Die Erinnerung der Überlebenden“, verfasst von Papasymeon Giannis Philologos.              Zusammenfassende Dar...